Rolf Kieckebusch im Citywire-Interview über die Geschäftsentwicklung der letzten Jahre und wie man sich derzeitig auf Unternehmens- und Portfolioseite aufstellt.
Kassel ist nicht bekannt als die große Stadt des Asset Managements. Ganz im Gegenteil. Rolf Kieckebusch, Gründer und Vorstand der Kirix Vermögensverwaltung, findet weiterhin ein Quasi-Monopol vor. Laut dem Gründer sei man weiterhin der einzige Vermögensverwalter mit einer eigenen Lizenz in ganz Nordhessen. Der Geschäftsfokus liegt seit Jahren auf der klassischen diskretionären Vermögensverwaltung. Dieser Bereich hat sich laut Kieckebusch selbst in der Pandemie gut entwickelt. Das Fondsgeschäft auf der anderen Seite habe sich aufgrund des eher kleinen Budgets für Marketingausgaben seit 2019 leicht negativ herausgebildet. „Wenn man ehrlich ist, haben wir hier auch keine sexy Themen, die man durch Marketingkampagnen richtig pushen könnte, sondern verfolgen ganz klassische Ansätze mit unterschiedlichen Schwerpunkten“, so der gebürtige Marburger.
Die Kasseler Vermögensverwaltung wirbt ganz bewusst nicht mit Glanz und Glamour, sondern mit Genügsamkeit, Geduld und stetigem Wachstum. Man wolle stetig und kontrolliert wachsen, aber nicht zu jedem Preis. Erst letztes Jahr eröffnete Kirix einen neuen Standort in Hannover. Neben Kassel, Göttingen und Bad Wildungen der vierte Standort des Vermögensverwalters. Die Assets und Management sind laut Kieckebusch seit 2019 mit €400 Millionen in etwa gleich geblieben. Jedoch gilt es dabei zu berücksichtigen, dass das Unternehmen zwei seiner Fonds im Wert von €250 Millionen an ein Family Office abgegeben hat. Das diskretionäre Geschäft lief in dem Zeitraum aber so gut, dass man dieses Volumen fast gänzlich wieder aufholen konnte. Das gesamte Kirix Team beläuft sich mittlerweile auf 14 Mitarbeiter. Im letzten Jahr sind zwei neue Kolleginnen für den Standort Hannover dazu gekommen. Lediglich Jochen Prawitt, langjähriger Mitvorstand bei Kirix, hat sich unterdessen in den Ruhestand verabschiedet. Die Stimmungslage der Kunden hat sich laut dem Gründer des nordhessischen Vermögensverwalters seit der Pandemie verändert. „Es gab keine Panikverkäufe oder Kündigungen von der Kundenseite, aber der Gesprächsbedarf ist deutlich gewachsen. Da hat es uns enorm geholfen, dass wir sehr nah am Kunden sind.“
Der Vermögensverwalter allokiert viele Gelder in erneuerbare Energien – ein ESG-Siegel besitzt aber keiner der Fonds. Man geht also einen etwas anderen Weg als andere aus der Branche. Auch, um nicht in die Falle des Greenwashingverdachts zu tappen. „Wir können uns nicht vorstellen, die EU-Taxonomie in dem Umfang umzusetzen, wie es formal gefordert wird. Daher haben wir uns schweren Herzens dazu entschlossen, zunächst kein klassisches ESG-Haus zu werden.“ Laut Kieckebusch investiere man zwar mehrheitlich in „grüne“ Anlagen – und wenn man die Portfolios durch Morningstar klassifizieren würde, wären sie auch Artikel-8 konform – aber man scheue den formalen Prozess aus Kostengründen und aus Gründen der Sinnhaftigkeit. Darüber hinaus appelliert der Gründer und Vorstand der Vermögensverwaltung an die EU und deren Gremien, sowie die Fachmedienlandschaft. Der ausgegebene ESG-Leitfaden sei zu undurchsichtig, lückenhaft und kontraproduktiv. Hier müsse schleunigst nachgebessert werden, um die Sinnhaftigkeit wieder zu gewährleisten. „Diejenigen, die den entscheidenden Hebel haben, sind die, die Gelder verwalten und in zukunftsversprechende Projekte investieren. Durch Blockaden ändert sich nichts.“
Das vergangene Jahr war für die drei öffentlich investierbaren Fonds der Kasseler Vermögensverwaltung kein einfaches. Dies soll sich aber 2023 wieder ändern. „Alleine die Zinsseite wird uns in diesem Jahr ein gutes Fundament bieten. Ich gehe aber auch deutlich entspannter in die Gespräche mit unseren Kunden als letztes Jahr, denn nun gibt es sowohl wieder Zinsen als auch Hedge-Möglichkeiten“, so Kieckebusch. Im Anlageausschuss spielen die bekannten makropolitischen Themen weiterhin eine große Rolle. Man ist davon überzeugt, dass in der nahen Zukunft Wirtschaftsstandorte übergewichtet werden müssen, die eine Energieunabhängigkeit aufweisen. Hier seien die skandinavischen Länder interessant, sowie Spanien. Aktuell investiere man im asiatischen Raum nur Ex-China, nachdem man aufgrund des Taiwan-China Konfliktes die Investments in das Land der Mitte gestrichen hatte. Aufgrund potenziell sinkender Margen ist man bei Kirix derzeit vorsichtig bei Consumer Staples. Man allokiere daher ausschließlich Unternehmen mit starker Preissetzungsmacht. Das Anleihenportfolio befindet sich bei dem Vermögensverwalter derzeit auf der Mitte der Zinskurve, mit einer Duration von drei bis vier Jahren bei Corporates mit solider Bonität. Vereinzelt kaufe man auch kurzlaufende und liquide Schuldtitel von Staaten mit sehr guter Bonität. Aufgrund hoher Kapitalzuflüsse zum Jahreswechsel haben die Kirix Fonds derzeit auch sehr hohe Cash-Bestände. Diese Bargeldbestände sind laut Kieckebusch aber nicht taktischer Natur. Man plane, diese bis zum Ende des ersten Quartals größtenteils abzubauen und entsprechend zu investieren.
VON LUKAS KÜMMERLE